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Der ESC und ich - Meine größten ESC Momente Teil 20 - Sonne und Herz








Als nächstes kommt das Eurovisionsjahr 2022. Da die Rockgruppe Maneskin ein Jahr zuvor die Sache für sich entschied, sollte der ESC zum dritten Mal überhaupt nach 1965 und 1991 in Italien stattfinden.

Viele ESC-Fans hatten noch besonders den Grand Prix 1991 aus Rom in Erinnerung. Ich selbst schaute mir des Öfteren aus meiner Sammlung diesen ESC an, den ich eigentlich äußerst schön fand, denn ehrlich gesagt war Rom 1991 meiner Meinung nach in Bezug auf die Lieder besser als die darauf folgenden zwei Jahre. Viele Fans des Grand Prix Eurovision erinnerten sich aber eher im negativen Sinne an die Sendung, da dort vieles drunter und drüber ging. Ich las selbst, dass es damals in der Woche nur geregnet hatte. Aber neben einigen Pannen redete der Gewinner von 1990, Toto Cutugno, fast nur auf Italienisch. Auch die Gewinnerin von 1964, Gigliola Cinquetti, übernahm zumeist den englischen Part. Doch Französisch sprachen die beiden auch noch, ähnlich wie Marlene Charell, die in München 1983 auch nicht gerade für Moderation bekannt war, die flott über die Bühne ging. Toto Cutugno kam sehr oft durcheinander, und während der Punktevergabe musste oft der Supervisor Frank Naef eingreifen. Am Ende gab es dann noch einen Punktegleichstand, was die Sache für die Italiener auch nicht einfacher machte. Soviel dazu.

Durch Sanremo, dem langjährigen italienischen Festival, auf dem der ESC auch basiert, weiß man, dass die Italiener gerne viel reden und des Öfteren lange brauchen, bis eine Sendung zu Ende geht. Doch in Turin, wo der ESC 2022 stattfand, gab es eine sehr professionelle und unterhaltsame Show, die meiner Meinung nach ein sehr hohes Niveau hatte. Auch wenn einige hier vielleicht anderer Meinung waren.

Die einzige Panne, die man erwähnen sollte, war eine Konstruktion auf der Bühne. Genannt: Sonne.

Diese drehbare LED-Wand, die sich in sämtliche Richtungen bewegen sollte, war durchaus etwas verspielt, aber auch sehr kreativ. Leider ist einer der Motoren bei den Tests und Proben ausgefallen, und in zwei Wochen hätte kein neuer beschafft werden können. Somit konnte sich die Sonne zwar sehr langsam verdrehen, aber nicht so schnell, dass es reichte, zwischen den Liedern ihre Gestalt zu wechseln. Somit blieb sie auf einer Seite während der Präsentation der Songs, und nur während dem Pausenprogramm und der Abstimmung konnte sie sich in die Richtung drehen, wo LEDs zum Vorschein kamen. Vereinzelte Lampen konnte man aber während der Darbietungen der Songs erkennen. Großartig schlimm fand ich dies nicht, doch darüber gehen die Meinungen sehr auseinander. Eher zum Negativen wurde gesagt: "Typisch, die Italiener improvisieren wieder nur."

Doch machen wir uns hier nichts vor, denn in Deutschland gab es 2011 auch einige Pannen. Insbesondere im ersten Halbfinale gab es bei den Kommentatoren Tonausfälle, worauf Peter Urban sagte: "Wir sind doch hier nicht in Kasachstan." Darauf sagte ein kasachischer Beobachter: "Wir in Kasachstan können durchaus so eine Show stemmen."

Nun stellen wir uns eine andere Frage. Ist der ESC politisch?
Darauf würde ich sagen, der ESC war schon immer politisch! Fast in jedem Jahr gab es ein Beispiel. Die Ukraine, die 2022 von Russland überfallen wurde, hatte aber nicht nur gewonnen, weil viele Zuschauer Solidaritätsstimmen vergeben hatten. Der Song "Stefania" von dem Kalush Orchestra wäre durchaus (egal in welcher Situation) hoch platziert gewesen. Eine Mischung von modernen Beats mit folkloristischen Elementen war beim Eurovision Song Contest schon immer beliebt. Vielleicht hätte der Brite Sam Ryder mit "Space Man" eher gewonnen, aber selbst das sind hier nur Spekulationen, die genauso sinnlos sind, wie wenn man sich fragt, ob Andreas Kümmert 2015 einen besseren Platz für Deutschland gemacht hätte als Ann Sophie.





Insgesamt fand ich das Eurovisionsjahr 2022 absolut stimmig und so perfekt wie lange nicht mehr, da einmal mehr vieles gepasst hatte. Meine Familie und ich waren in Turin vor Ort und saßen endlich auch mal zusammen nebeneinander. Dies kam tatsächlich noch nie komplett so vor.





Auf dem rechten Bild: Dieser Schlüsselbund wird seit 2007 immer an die Neue Gastgeberstadt weitergegeben und ein neuer Anhänger befestigt


Aber nicht nur aus diesem Grund werde ich an dieser Eurovision noch mein ganzes Leben positiv denken. Es war eine wunderschöne Atmosphäre, wieder nach 4 Jahren vor Ort zu sein. Im ersten Halbfinale kamen mir bei Beginn der Veranstaltung fast die Tränen, weil ich so emotional gerührt war. Dies war bisher nur bei der Eröffnung des Finales in Wien 2015 der Fall. Im Finale 2022 war ich dann wieder total gerührt. Diesmal sogar zu bestimmten Zeitpunkten. Zu Beginn, als die Eurovision-Hymne erklang, bei mehreren Songs (worauf ich gleich noch weiter eingehen werde) und beim letzten Interval Act, als der Moderator Mika sein Medley zum besten gab. Der Moment war einfach so toll, da das ganze Publikum weiße Fahnen mit einem Herz drauf schwenkte. Ein absoluter Gänsehautmoment, den ich so schnell nicht vergessen werde. Doch nicht nur während den drei Shows war es meiner Meinung nach grandios.

Wir sind montags angereist. Abends begaben wir uns in das "Eurovision Village," dem Open-Air-Geschehen für die Eurovision. Doch da sind wir eher kleinere Dinge gewohnt. Ich dachte zuerst noch, wegen der COVID-19-Pandemie, die noch nicht vorbei war, dass ich lieber die Maske aus Vorsicht aufsetzen sollte. Doch dies tat niemand. Ich hatte Bedenken, mich anzustecken, und hinterher nicht bei den Shows dabei sein zu können. Doch ich ließ mich lieber von der tollen Stimmung anstecken, die überall zu spüren war. In Kiew 2017 war ich schon erstaunt, wie groß das Village war, doch dies war vergleichbar mit einem mittelgroßen Open-Air-Festival. Viele Fressbuden und Werbestände, mit oder ohne ESC-Bezug, waren dort zu sehen. Auf einer großen Wiese mitten im Parco del Valentino war der Mittelpunkt. Dort trat gerade der deutsche Interpret Malik Harrys auf, der sein Lied "Rockstars" und noch zwei andere Songs darbot. Der Belgier Jérémie Makiese trat ebenfalls dort auf. Das hauptsächlich junge Publikum fieberte zum Teil einer italienischen Band entgegen, die dort zur späteren Stunde auftreten sollte. Doch zusammen mit den ESC-Fans, die am Montagabend der frühen ESC-Woche schon vor Ort waren, schätzte ich bestimmt 30.000 Menschen. So etwas hatte ich auf einer ESC-Fanmeile noch nicht erlebt.

Auch an dem Tag, als die Sonne schien, bei gefühlten 30 Grad, war es in dem Turiner Park richtig schön. Egal, ob Tauben oder Eichhörnchen, die dort überhaupt nicht die Flucht ergriffen, waren überall zu beobachten. Wir hatten unseren Spaß und nannten ein Eichhörnchen "Diodato," ein anderes "Francesco," und das dritte "Marco" (alles ehemalige italienische Teilnehmer). Eine Taube hieß "Blanko." Doch füttern taten wir sie natürlich nicht. Aber auch sehenswert war der Platz Piazza San Carlo, die Kathedrale von San Giovanni Battista mit einem schönen Park, mit allerlei Skulpturen und vieles mehr. Empfehlenswert ist meine selbst erstellte Fotoshow, die außer Sehenswürdigkeiten auch kleine Videos während des ESCs beinhaltet.

Nicht nur Diodato, das Eichhörnchen, sondern auch der Sänger, der eigentlich 2020 am ESC antreten sollte, rührte uns zu Tränen. In der Abstimmungspause vom ersten Halbfinale am Dienstag sang er endlich bei der Eurovision seinen Song "Fai rumore." Das war ein absoluter Gänsehautmoment. Die drei Tenöre Il Volo, die in Wien 2015 den 3. Platz belegten, durften den Interval Act des zweiten Halbfinales gestalten. Natürlich sangen sie ihren Song "Grande Amore" Nur leider ist einer der drei an Corona erkrankt und wurde durch ein aufgezeichnetes Video dazugeschaltet. Da sieht man, dass die Pandemie noch nicht zu Ende war. Überhaupt wurde auf die Schutzmasken während der drei Shows zum Großteil verzichtet. In der ersten Show hatten wir noch unsere Maske auf. Doch hinterher ging es immer lockerer zu, und zum Glück hat sich keiner von uns infiziert.

An dem Freitag vor dem großen Finale waren wir wieder im Eurovillage. Wir schauten beim Eurovision Club Germany vorbei. Dort kamen wir ins Gespräch und trafen auch die Blogger von ESC kompakt. Doch nun komme ich zu guter Letzt dieses langen Kapitels noch auf die Songs vom ESC 2022 zu sprechen. Dieser Jahrgang war geschmückt von vielen Balladen, die ähnlich wie 2015 in Wien umso mehr ins Finale einzogen, als in den meisten Jahren, seit ich den ESC verfolge. Normalerweise bin ich ein Freund von flotter Musik. Wenn drei oder mehr langsame Balladen im Finale hintereinander kommen, meine ich, das wird aber langatmig. Natürlich waren weder 2015 noch 2022 in Turin überwiegend schlechte Songs. Ganz im Gegenteil. Ich finde, der ESC 2015 war einer der besten Finals aller Zeiten, was die Songs angeht, denn ich habe viel mehr als 10 Acts zusammen, die ich grandios fand. Und was 2022 angeht, da waren sicherlich einige Überraschungen für den Finaleinzug dabei. Doch ich zähle viel mehr Favoriten als 2023 in Liverpool. In Malmö 2013 wurde aus dem Grund, einen unterhaltsamen Wettbewerb zu schaffen, die Startreihenfolge nicht mehr über das Los entschieden, sondern über die Regie. Doch es wird nach wie vor ausgelost, wer in Hälfte 1 und Hälfte 2 auftreten darf. Leider war es in Wien 2015 und in Turin 2022 der Fall, dass viele Balladen Hälfte 2 zugeteilt wurden, sodass erst eine Aneinanderreihung von Up-Tempo-Songs kamen und danach die Lieder eher ruhiger wurden. Davon profitierte 2022 in der 2. Starthälfte natürlich Moldau mit der Gruppe ZDOB ȘI ZDUB, mit sehr viel Stimmung in der Halle. Das beste Beispiel für einen ruhigen Song, der aber verdient ins Finale rutschte, war Island mit 3 Schwestern und einem Bruder am Schlagzeug. Der Auftritt war total stimmig, sodass die schwach singende Zypriotin oder die ebenfalls nicht perfekt singende Malteserin im Halbfinale scheiterte, wobei ich die Songs besser fand als den von Island. Aber es wurde viel in Landessprache gesungen beim 66. ESC in der Pala Olympico Arena in Turin.

Besonders gefreut hat mich der dritte Platz für Chanel aus Spanien und natürlich auch der sensationelle 2. Rang für Sam Ryder aus UK. Die Darbietung von Chanel mit dem Song "SloMo" war endlich mal wieder ein wunderbarer typischer spanischer Beitrag, wie man ihn sich nicht besser vorstellen konnte. Überhaupt war der erste Teil der Punktevergabe durchaus spannend. Zur Erinnerung: Die Ukraine belegte dort nur den 4. Platz. Beim Televoting kamen dann über 400 Punkte für die Ukraine dazu, was natürlich den Sieg bedeutet hatte. So eine hohe Televoting-Wertung gab es noch nie. Sicherlich wegen der Solidarität. Es war übrigens nicht die höchste Gesamtpunktzahl aller Zeiten. Denn diese hat nach wie vor der Portugiese Salvador Sobral.



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